Stromsperren in Unna

Petra Weber

 

308 angekündigte und 339 vollzogene Stromsperren, von denen 249 zurückgenommen wurden. Das ist die Jahresbilanz 2018 der Stromsperren in Unna.


Erst auf hartnäckiges Nachfragen der Fraktion DIE LINKE im Haupt- und Finanzausschuss der Stadt konnten diese Zahlen in Erfahrung gebracht werden. „Es ist schon einigermaßen interessant, wie unsere Anfrage behandelt wurde“, sagt Petra Weber, die Fraktionsvorsitzende der LINKEN. „Zunächst wurde der Sinn unserer Anfrage bezweifelt, und schließlich wurde unter dem fadenscheinigen Vorwand datenschutzrechtlicher Bedenken die Antwort in den nicht-öffentlichen Teil der Sitzung verlegt. Wir fragten doch nicht nach einer Liste mit Namen und Anschrift der Betroffenen! Darf die Öffentlichkeit von diesen Zahlen nichts wissen?“

Seit langem beklagt DIE LINKE, dass Stromsperren rechtlich völlig unterreguliert sind und ohne Gerichtsbeschluss vier Wochen nach der Mahnung vollzogen werden können. Im Gegensatz dazu sind die Hürden im Mietrecht deutlich höher. Unter den ständig steigenden Energiepreisen leiden vor allem Geringverdienende.

„Natürlich gibt es auch zahlungsfähige Kunden, die ihre Rechnungen aus welchen Gründen auch immer nicht begleichen“, führt Petra Weber weiter aus. „Unbestreitbar ist es aber auch so, dass viele Geringverdiener*innen oder Bezieher*innen von Sozialleistungen kaum oder gar nicht mehr in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.“

Laut Monitoringbericht 2018 der Bundesnetzagentur stieg die Zahl der von Netzbetreibern angegebenen Stromsperren bei Haushaltskunden im Jahr 2017 gegenüber dem Vorjahr um 11.773 Fälle (örtliche Stromversorger). Einschließlich der Stromlieferanten, die nicht örtliche Grundversorger sind, gab es 2017 über 340.000 Stromsperren bei Haushaltskunden. Sperrandrohungen wurden ca. 4,8 Millionen Mal ausgesprochen. Berechnet man den Anteil der Haushalte, die von der Stromversorgung abgeschnitten wurden, an allen mit Strom versorgten Haushalten, dann belegt NRW nach Bremen und Hessen in der Statistik bundesweit den traurigen dritten Platz [1].

Eine Studie der Caritas und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung zeigt, dass vor allem Bezieher*innen von Grundsicherungsleistungen von Sperrandrohungen und tatsächlichen Stromsperren betroffen sind. Dabei steigt die Wahrscheinlichkeit mit der Anzahl der Kinder im Haushalt. Sind die Betroffenen auch noch verschuldet und haben keinen Schulabschluss, folgt nach der Androhung besonders häufig die Sperrung der Stromversorgung [2].

„Wir reden hier von den besonders unterstützungsbedürftigen Menschen. Sei es aus Krankheitsgründen oder aus Resignation: Viele Betroffene schämen sich, haben sich bereits sozial zurückgezogen, reagieren nicht mehr auf ihre Post oder sind vielleicht gar nicht des Lesens fähig. Hier sind bestehende Hilfsangebote z.B. von Verbraucherberatungsstellen oder helfende Hinweise der Stromanbieter, die per Post zugestellt werden, nicht ausreichend. Spätestens dann, wenn die Sperrung der Stromversorgung angedroht wird, müssen städtische bzw. kommunale soziale Dienste informiert werden, die die Betroffenen direkt aufsuchen, um ihnen bei der Abwendung der Stromsperre behilflich zu sein.“

DIE LINKE im Rat der Stadt Unna wird das Problem weiter im Auge behalten und sich dafür einsetzen, dass entsprechende Hilfs- und Unterstützungsangebote aufgebaut werden.

 

[1]https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Allgemeines/Bundesnetzagentur/Publikationen/Berichte/2018/Monitoringbericht_Energie2018.pdf?__blob=publicationFile&v=6

[2]https://www.caritas.de/neue-caritas/heftarchiv/jahrgang2017/artikel/wen-treffen-stromsperren-am-ehesten